Lernen muss entertainen! Denn Langeweile und Konzentration widersprechen sich. Deshalb bekommen herkömmliche Didaktik und Methoden starke Konkurrenz. Interaktives Lernen gewinnt zunehmend an Bedeutung und etabliert sich als ein Schlüsselelement für effektive Wissensvermittlung sowie für die persönliche Entwicklung.
Was ist Interaktives Lernen?
Zwar können wir allein lernen, so richtig effektiv wird es jedoch erst im Austausch mit anderen – in Interaktion. Interaktives Lernen ist nicht nur motivierender, es hat auch viele Vorteile. Es definiert sich durch seine dynamische Wechselwirkung zwischen Lernenden und Lehrmaterialien, sei es durch direkte Kommunikation mit anderen Lernenden, den Einsatz moderner Tools oder die Teilnahme an simulierten Szenarien. Die aktive Beteiligung ermöglicht eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Lernstoff. Gleichzeitig erhalten wir in Interaktion kontinuierlich Feedback und können unseren Lernstand so besser überprüfen. Der ständige Austausch fördert unsere Problemlösungskompetenzen und unser kritisches Denken.
Warum ist interaktives Lernen so wichtig?
Der demografische Wandel schreitet voran und schon bald werden 75 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Millennial oder Digital Native sein! Das sind Menschen, für die eine Welt ohne Smartphone und Social Media in die Geschichtsbücher gehört. Sie bringen frischen Wind, aber auch neue Erwartungen mit – Erwartungen an modernes Lernen.
Denn nicht nur in der Schule ist Frontalunterricht out! Was für Kinder und Jugendliche gilt, gilt genauso für Erwachsene: Je interaktiver und selbstbestimmter das Lernumfeld, desto höher ist der Lerngewinn. Interaktives Lernen steigert nachweislich die Lernmotivation und -effektivität, indem es Arbeitnehmer:innen aktiv in den Lernprozess einbindet.
Doch interaktives Lernen punktet nicht nur quantitativ. Auch qualitativ passt es besser in unsere heutige Zeit: Die zunehmende Digitalisierung und Globalisierung fordern von uns Fähigkeiten wie kritisches Denken, Problemlösungskompetenz und Zusammenarbeit. Interaktives Skill-Training fördert diese Schlüsselqualifikationen und bereitet die Lernenden besser auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vor. Zu diesem Ergebnis kam auch die Studie „Gamification and active learning in higher education: is it possible to match digital society, academia and students' interests?“, die stärkere Autonomie und bessere Lerneffekte bei Studierenden feststellte, die interaktiv lernten.
Was bedeutet das in der Praxis?
In der praktischen Umsetzung erfordert die Integration interaktiver Lernmethoden eine Abkehr von traditionellen Ansätzen und eine verstärkte individuelle Ausrichtung je nach Bedürfnis und Lernstil. Das bedeutet interaktives Lernen für die Praxis:
- Individuelle Lernerlebnisse sind entscheidend. Sie sollten auf den Vorkenntnissen und dem individuellen Lerntypus der Lernenden basieren und sich flexibel anpassen. Dadurch wird sichergestellt, dass jeder und jede auf seinem/ihrem eigenen Weg voranschreiten kann, ohne durch einen starren Lehrplan eingeschränkt zu werden.
- Interaktive Elemente müssen eingebunden werden, um das Engagement der Lernenden zu steigern. Dies kann durch den Einsatz von Simulationen, Gruppenaktivitäten, Diskussionsforen oder virtuellen Workshops erreicht werden, die den Lernprozess dynamischer und ansprechender gestalten.
- Eine regelmäßige Lernkontrolle ist unerlässlich, um den Lernfortschritt zu überprüfen und sicherzustellen, dass die Lernziele erreicht werden. Dies kann durch Quizze, Tests, praktische Übungen, aber auch durch spezielle KI-Tools erfolgen, die eine kontinuierliche Rückmeldung ermöglichen.
- Die Verfügbarkeit von mobilen und benutzerfreundlichen Lernplattformen ist ebenfalls von großer Bedeutung. Durch die Nutzung von Smartphones, Tablets oder anderen mobilen Geräten können die Lernenden flexibel und unabhängig von ihrem Standort üben.
Ähnlich wie der demografische Wandel im Allgemeinen, hat auch die Tendenz zum interaktiven Lernen Auswirkungen auf die Rolle der Personalentwickler. Sie müssen sich auf die Entwicklung und Implementierung innovativer Lehrmethoden und Lernmaterialien konzentrieren, die den Anforderungen des modernen Lernens gerecht werden und die Lernenden dabei unterstützen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Initiative ergreifen – interaktiv lernen
Je nachdem, was erlernt werden soll, richtet sich auch die Form des interaktiven Lernens. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Tools und Methoden, die die Lernerfahrung spannender und aktiver machen – einige sind bekannt, einige neu.
Interaktives Lernen mit Lerntools
- Anonyme Umfragen einbinden: Was glauben Sie? Haben Sie schon Erfahrung mit …? Durch Beantwortung treten wir automatisch in Interaktion mit unserem Gegenüber. In großen (aber auch kleinen) Gruppen kann es befreiend wirken, Umfragen anonym und per Handy oder Laptop durchzuführen. Danach können die Ergebnisse direkt diskutiert werden – dadurch beschäftigen wir uns deutlich intensiver mit einer Fragestellung und es bleibt mehr „hängen“. Produkte wie Pingo von der Universität Paderborn bieten diese Funktionen an.
- Flipchart war gestern: Einer redet, alle hören zu, vielleicht werden noch die wichtigsten Punkte im Protokoll festgehalten? Das klingt nicht so spannend. Um interaktiv zu lernen, sollten sie deshalb auch neue Dokumentations- und Planungstools ausprobieren. Miro lässt alle Gruppenmitglieder gleichzeitig zugreifen. Zwischen Post-Its, Übersichten und Zeichnungen lassen sich Ideen, Erkenntnisse und Pläne kreativ und interessant festhalten.
- Bekannte Formate: Auch klassische Lückentexte, Multiple-Choice-Aufgaben oder Diskussionsrunden können die Lernerfahrung interaktiver machen. Wertvoll ist, wenn die Lernenden ein direktes Feedback bekommen – bei komplexeren Inhalten, kann das in kurzer Zeit jedoch schwierig sein.
Interaktives Lernen mit Robotern
Auch Roboter eignen sich hervorragend zum interaktiven Lernen. Auf der einen Seite ziehen sie durch ihre physische Präsenz Aufmerksamkeit auf sich, auf der anderen Seite faszinieren sie auf technischer Ebene. Besonders im Gesundheitswesen finden Roboter immer mehr Einsatz. Von Rettungssanitäter:innen bis hin zu Zahnärzt:innen nutzen Fachkräfte realistische Puppen, die nicht nur äußerlich, sondern auch in ihrem Verhalten und ihren Reaktionen täuschend echt wirken.
Die hochmodernen Roboter sind in der Lage, Schmerzempfindungen und andere menschliche Reaktionen nachzubilden, was ein realitätsnahes Training ermöglicht. Durch diese innovative Methode zum interaktiven Lernen können angehende medizinische Fachkräfte wichtige Fähigkeiten erlernen und praktische Erfahrungen sammeln, bevor sie in reale Situationen eintreten. Schließlich will niemand von seiner Zahnärztin hören: „Übrigens, ich mache das heute zum ersten Mal.“
Interaktives Lernen mit immersiven Technologien
Mit einer VR-Brille lässt sich ganz entspannt ein Film gucken. Mit der Brille lässt sich aber auch lernen. Und das sogar interaktiv! Durch moderne Weiterbildungsformate und die Integration von Künstlicher Intelligenz wird VR zum interagierenden Lernpartner.
Etwas theoretisch zu wissen bedeutet nicht, es praktisch zu können. VR vermag es wie kaum ein anderes Lernmedium den Abstand zwischen Lernszenario und Realität extrem zu verkleinern. Im virtuellen Raum werden Lernszenarien deshalb möglichst realitätsnah konstruiert: Ärzte können Operationen im virtuellen OP-Saal trainieren; Mechanikerinnen üben wichtige Handgriffen, die in der tatsächlichen Produktion ein hohes Risiko mit sich bringen; Verkäufer lernen virtuellen, wie sie mit schwierigen Kunden umgehen können. Die Möglichkeiten sind endlos. Gleichzeitig wird das Training mit VR häufig als aufregender und spannender empfunden und deshalb auch häufiger wiederholt. Durch den hohen interaktiven Anteil schafft es das Gelernte schneller ins Langzeitgedächtnis und die Lernenden fühlen sich insgesamt deutlich sicherer.
Fazit
Die Integration interaktiver Lernmethoden markiert einen bedeutenden Schritt in der Bildungslandschaft, der den wachsenden Anforderungen und Erwartungen der Lernenden gerecht wird. Durch interaktives Lernen wird nicht nur die Motivation und Effektivität des Lernens gesteigert, sondern es eröffnet auch neue Möglichkeiten für individualisierte Lernwege und eine flexiblere, engagiertere Lernumgebung. Die praktische Umsetzung erfordert jedoch einen grundlegenden Wandel in der Lehrpraxis, hin zu innovativen Lehrmethoden, personalisierten Lernerfahrungen und dem Einsatz modernster Technologien. Nur durch eine kontinuierliche Anpassung und Weiterentwicklung des Bildungssystems können wir sicherstellen, dass alle Lernenden ihr volles Potenzial entfalten.
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