„Es ist 5 nach KI.“ Die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz nehmen stetig zu – auch in der Personalentwicklung und im Corporate Learning. Obwohl KI keine sozialen Fähigkeiten erlernen kann, ist sie dennoch in der Lage, zuverlässig Verhaltensweisen nachzuahmen, die als sozial kompetent gelten. Dazu muss man allerdings erst einmal lernen, mit KI umzugehen und – noch wichtiger – Arbeitsprozesse identifizieren, in denen KI als Werkzeug sinnvoll eingesetzt werden kann. Fest steht: Wer die Zukunft gestalten will, muss sie verstehen. Was ändert sich also durch die Möglichkeit vom Lernen mit KI?
Wie ist der Status Quo beim Lernen mit KI im Corporate Learning?
Inhalte und Methoden des Corporate Learning durchlaufen bereits seit einigen Jahren einem grundlegenden Wandel. Die COVID-19-Pandemie hat diesen Prozess beschleunigt und auch Künstliche Intelligenz bietet nun neue Möglichkeiten für das Learning und Development.
Lernen mit KI muss individueller werden, um den Bedürfnissen jedes Einzelnen gerecht zu werden. Künstliche Intelligenz bietet die Möglichkeit, Lernangebote in Echtzeit an die sich ständig ändernden operativen und strategischen Anforderungen eines Unternehmens anzupassen. Momentan hinkt das Lernangebot diesen Anforderungen oft hinterher, da es viel Zeit braucht, um neue Lerninhalte zu entwickeln. Mit KI kann das Lernportfolio jedoch genauso schnell aktualisiert werden, wie sich die Anforderungen des Geschäfts ändern („learning at the speed of business“). Genau dafür wird KI in L&D-Abteilungen aktuell am häufigsten genutzt: Die Erstellung und Übersetzung von Inhalten.
Was ist beim Lernen mit KI bereits möglich?
Die meisten haben inzwischen von KI-Sprach-Modellen, wie ChatGPT gehört und haben sie auch schon einmal ausprobiert. Gerade weil diese Modelle prompt Antworten und Feedback zu Fragestellungen oder Problemen geben, sind Sie so beliebt. Dabei gibt es inzwischen so viel mehr Möglichkeiten als nur einen einfachen Prompt zu erstellen, denn KI kann genutzt werden als:
- Brainstorming-Partnerin: Sie sind beispielsweise dabei, ein Konzeptpapier für ein neues Produkt zu entwickeln und wissen noch nicht genau, welche Struktur für Sie am besten geeignet ist. Fragen Sie KI.
- Datenauswerterin: Zum Lernen mit KI gehört auch das Auswerten von Daten. Wenn Sie auf alte Daten zurückgreifen können, kann ChatGPT beispielsweise bei der Ermittlung von Lernbedarfen unterstützen. Außerdem können Kompetenzlücken identifiziert und Trainingsanforderungen vorhergesagt werden.
- Textgeneratorin: Sie sollen sich im Rahmen eines neuen Projekts zum Thema „Sprachen lernen mit KI“ weiterbilden. Dazu haben Sie sich ein Video angesehen und einige interessante Blogbeiträge gelesen. Nun können Sie aus diesem Material ein Quiz erstellen, um zu überprüfen, ob Sie die Inhalte verstanden haben. Um Ihre Lerninhalte auch anderen Mitarbeitenden zur Verfügung stellen zu können, lassen Sie die KI eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen erstellen.
- Lernbegleiterin: Chatbots können auch ganz einfach als Lernbegleiter eingesetzt werden. Genau an diesem Konzept arbeitet übrigens eine Förderinitiative der Bundeszentrale für politische Bildung. Das Projekt heißt „StudyBuddy“, ein auf Künstlicher Intelligenz basierender Chatbot, der Schülerinnen und Schülern als Lernbegleiter zur Seite steht.
- Feedback-Geberin: Sie halten zum ersten Mal einen Vortrag auf der Generalversammlung. Sie sind nervös und haben Angst, Ihre ausgearbeiteten Argumente durch Versprecher oder Blackouts zu vergeigen? Dann nutzen Sie KI doch, um ein Feedback zu Ihrem Vortrag zu erhalten. Tools, wie VR EasySpeech kombinieren Virtual Reality mit Künstlicher Intelligenz für ein effektives Präsentationstraining. Üben Sie Ihren Vortrag im virtuellen Raum vor einem simulierten Publikum und lassen Sie sich am Ende ein detailliertes Feedback zu Sprechgeschwindigkeit, Verwendung von Füllwörtern und Pausen sowie Betonung Ihrer Aussagen geben. So perfektionieren Sie Ihren Vortrag schon während des Übens!
ChatGPT als Lerncoach
Wie können wir generative KI nutzen, um uns im Lernen unterstützen zu lassen? Es kommt einfach auf den richtigen Prompt an!
- Wie sieht Ihr Vorwissen aus? Bevor Sie die KI nach einem ausgeklügelten Weiterbildungsplan fragen, testen Sie doch erstmal Ihr Vorwissen. Das könnte wie folgt formuliert werden: „Ich möchte mein Vorwissen zum Thema XY auffrischen. Bitte stelle mir 10 Fragen, die mein bestehendes Wissen abfragen. Die Fragen sollten verschiedene Aspekte abdecken und in der Schwierigkeit variieren.“
- Definieren Sie Ihr Lernziel: „Ich möchte Lernziele für das Thema XY festlegen. Bitte unterstütze mich dabei, 5-7 konkrete und messbare Ziele zu formulieren. Dabei sollten auch hier verschiedene Schwierigkeitsgrade berücksichtigt werden.“
- Sammeln Sie Ressourcen und Quellen: „Bitte erstelle eine vielfältige Liste von 15 Ressourcen, die Bücher, Online-Kurse, Video-Tutorials, Podcasts, Fachzeitschriften und interaktive Lernplattformen umfasst. Gib zu jeder Ressource eine kurze Beschreibung und erkläre, warum sie besonders nützlich für das Lernen dieses Themas ist."
- Jetzt geht es an den konkreten Lernplan: „Bitte hilf mir, einen detaillierten Lernplan für das Thema [THEMA] zu erstellen. Der Plan sollte einen Zeitraum von [ZEITRAUM] umfassen und in wöchentliche Einheiten unterteilt sein. Schlage konkrete Aktivitäten, Übungen und Meilensteine vor.“
Natürlich muss eine solche Lernstrategie weiterentwickelt und angepasst werden – je nach Zeitplan und individuellen Bedürfnissen! Wenn Sie auf der Suche nach weiteren Anregungen fürs Lernen mit KI sind, schauen Sie doch mal hier vorbei!
Was klar ist: KI kann das Lernen in Unternehmen erheblich bereichern – vorausgesetzt, man weiß, wie man sie richtig einsetzt. Einfach nur bestehende Lerninhalte durch generative KI schneller und kostengünstiger zu vervielfältigen, ist nicht ausreichend. Stattdessen sollte der Einsatz von KI dazu genutzt werden, die eigene Rolle und die Methoden im Bereich Learning & Development (L&D) grundlegend zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Es geht darum, innovative Wege zu finden, wie KI wirklich einen Mehrwert schaffen kann, anstatt nur den Status quo zu reproduzieren.
Das muss beim Lernen mit KI beachtet werden!
Nicht nur beim Lernen mit KI, sondern auch beim allgemeinen Umgang mit KI gibt es für Unternehmen, aber auch für die einzelnen Nutzerinnen und Nutzer einiges zu beachten:
Um Künstliche Intelligenz zielgerichtet und verantwortungsvoll einzusetzen, müssen Anwender zunächst lernen, gute Anfragen bzw. Prompts zu erstellen, um am Ende optimale Antworten zu erhalten. Dabei sollte sich niemand im Unternehmen blind auf Chatbots wie ChatGPT verlassen. Die Antworten, die die KI ausspuckt, müssen immer wieder überprüft werden. Konkret bedeutet dies, dass die Mitarbeitenden im rechtssicheren Umgang mit den Anwendungen geschult werden und wissen, dass sie einer externen KI-Anwendung keine persönlichen Daten anvertrauen dürfen.
Unternehmen haben derzeit Schwierigkeiten, die Szenarien umzusetzen, von denen sie sich in den nächsten Jahren den größten Nutzen versprechen. Dazu gehören vor allem personalisierte Lernvorschläge, die Analyse von Lern- und Entwicklungsdaten sowie individuelles Lern-Coaching durch KI-Bots. Ein wesentlicher Grund dafür sind die noch nicht geklärten Richtlinien zur Nutzung personenbezogener Daten durch KI-Systeme.
Angesichts der ständigen Weiterentwicklung und Veränderung von KI ist es ratsam, diese Punkte im Auge zu behalten und Mitarbeitende und Führungskräfte regelmäßig zu schulen und die Anwendungsbereiche im Unternehmen zu überprüfen.
Wie sieht das Lernen mit KI in Zukunft aus?
Schnelle Content-Produktion ist mithilfe von Künstlicher Intelligenz möglich, aber woher wissen Sie, welche Inhalte die richtigen für Sie sind? Ein stetig wachsendes Angebot kann überfordernd sein und die Wirksamkeit einschränken. Es ist noch nicht klar, ob KI-Systeme die wichtigsten Lernziele für unterschiedliche Rollenprofile identifizieren und dabei auch individuelle Faktoren wie Vorwissen und Performance berücksichtigen können.
Es wird erwartet, dass die Produktion von Lerninhalten durch KI weiter an Bedeutung gewinnt. Lernen mit KI beschleunigt und gestaltet Learning-&-Development-Prozesse effizienter. Dadurch könnten in Zukunft L&D-Abteilungen ihre Ressourcen auf strategisch wichtigere Aufgaben verlagern und die Relevanz und Aktualität ihrer Lernangebote erhöhen.
Fazit
Verstärktes Lernen mit KI bietet die Möglichkeit, den Lernprozess aktiv mitzugestalten und zu personalisieren. Dadurch steigt die Wirksamkeit von Lernen. KI hält daher immer mehr Einzug in Corporate Learning-Strategien.
Künstliche Intelligenz wird von Learning und Development Abteilungen insbesondere zur Erstellung und Übersetzung von Lerninhalten eingesetzt. Es darf aber nicht die Lösung sein, einfach nur mehr Content zu erzeugen. Viel eher sollte das Lernen mit KI auch dabei unterstützen, den Lernprozess zu begleiten und in der Funktion als Lerncoach agieren. Bedarfe identifizieren, priorisieren und Inhalte in einer Learning Journey aufbauen. Darin liegt eine große Chance.
Vergessen wir nur nicht, unser kritisches Denken zu bewahren und auch einer KI nicht bedingungslos zu vertrauen. Dann kann auch das Lernen mit KI Spaß machen und einen weiterbringen!