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19. Juni 2024
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Brian Frank

Positive Fehlerkultur: Machen Sie den Fehler nicht zum Tabu, sondern zum Thema!

Fehler sind menschlich. Doch gerade im Arbeitsalltag bringen ihnen die Kolleginnen und Kollegen nur selten Verständnis entgegen. In vielen deutschen Unternehmen ist von Fehlerkultur nichts zu spüren. Wer etwas falsch macht, schämt und ängstigt sich oft allein, und Mitarbeitende kehren zeit- und kostspielige Pannen unter den Teppich. Allerdings sind Fehler unvermeidbar – und eine positive Fehlerkultur damit auch! Nur so werden aus menschlichen Fehlern wertvolle Learnings.​

Positive Fehlerkultur: Alle wollen sie, keiner will den ersten Schritt machen

"Kommen Sie bitte mal für ein Gespräch unter vier Augen in mein Büro …" Bei einem solchen Satz von Chefin oder Chef sind Schweißausbrüche vorprogrammiert, insbesondere, wenn man kürzlich einen Fehler gemacht hat. Jetzt bleibt nur, ehrlich und reumütig zu sein – und auf eine positive Fehlerkultur zu hoffen. Doch mit der sieht es in vielen deutschen Unternehmen arg aus:

Zwei Drittel der Führungskräfte sprechen laut einer EY-Studie über Fehlerkultur von 2023 nicht gerne über ihre Fehler und gehen damit mit denkbar schlechtem Beispiel voraus. Besonders heikel sieht es in der Finanzbranche aus – dort hatten 82 % der Führungskräfte Fehler teils oder sogar komplett unter den Teppich gekehrt. Paradox: Einer positiven Fehlerkultur maßen die meisten Befragten gleichzeitig eine hohe Bedeutung bei. Doch warum hapert es an der Umsetzung?

Warum Unternehmen nicht die Augen vor Fehlern verschließen dürfen

Ein großes Problem: das Schämen! Denn niemand macht gern Fehler. Sie fressen Zeit und Ressourcen, nerven und stressen und sind im besten Fall nur peinlich, im schlimmsten sogar richtig gefährlich. Von der falsch adressierten E-Mail und der unsensiblen Bemerkung, die man am liebsten gleich zurücknehmen würde bis zum quer im Suezkanal feststeckenden, den internationalen Frachtverkehr einschränkenden Schiff: Wie schlimm war Ihr letzter Fehler auf der Arbeit?

So ungern wir Fehler machen (und so verlockend es uns erscheint, sie klammheimlich unter den Tisch fallen zu lassen), so wenig lassen sie sich komplett vermeiden. Was wir anders als Fehler aber tatsächlich vermeiden können, ist das Dulden oder gar aktive Schaffen einer toxischen Fehlerkultur. Die ist nämlich ein bisschen wie ein ewiger Kreislauf, der alles nur noch schlimmer macht.

Wenn Führungskräfte oder andere Kollegen Mitarbeitende, die Fehler machen, beschimpfen, auslachen, ausgrenzen oder anderweitig demütigen, setzen sie diese unter enormen psychischen Stress – und der wirkt auch, wenn man (noch) keinen Fehler gemacht hat. Wer unter Stress leidet, ist dann wiederum fehleranfälliger, und wer schon bei kleinen Fehlern erfahren muss, dass er bei einer Meldung nur Schimpf und Schande zu erwarten hat, der wird erst recht bei schwerwiegenden Fehlern schweigen. Wo Totschweigen und Unter-den-Teppich-Kehren an der Tagesordnung sind, machen Mitarbeitende aus Unwissenheit immer wieder Fehler, obwohl längst ein Learning hätte stattfinden können.

Das kann zu richtig gefährlichen und kostspieligen Vertuschungen führen, ein bisschen wie eine durch einen Schneeball ausgelöste Lawine – und das Unternehmensklima trägt daran die Mitschuld.

Unternehmen sollten deshalb die Augen nicht vor Fehlern verschließen, sondern offen und positiv mit ihnen umgehen. Doch was macht eine positive Fehlerkultur aus?

Schritt für Schritt positive Fehlerkultur im Unternehmen etablieren

  1. Akzeptanz: Fehler passieren – banal gesagt, aber die ganz wichtige Grundlage jeder positiven Fehlerkultur! Da wir alle nur Menschen sind (und Menschen auch Computer und andere Systeme programmieren), machen wir alle irgendwann mal kleinere und größere Fehler. Entsprechend sind in einer gesunden, positiven Fehlerkultur Fehler ein natürlicher Teil des Arbeitsprozesses, die zukünftige Prozesse fehlerfreier machen und sogar für unerwartete Innovation sorgen können.
  2. Offene, wertfreie Kommunikation: Fehler werden offen kommuniziert, wenn sie passieren – im geschützten Raum und ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Spott, Schimpfen und andere Emotionen bitte ausstellen! Das bedeutet für viele Unternehmen sowie Mitarbeitende und Führungskräfte oft eine erhebliche Umstellung, Fehler direkt zu kommunizieren statt sie totzuschweigen. Doch dafür ist alles bereit für den nächsten wichtigen Schritt:
  3. Fehleranalyse und Learning: Fehler werden gemeldet, erkannt und systematisch betrachtet und befragt. Was war die Ursache des Fehlers? Passiert er öfter? Wie lässt er sich vermeiden? Hat er vielleicht sogar einen neuen Weg aufgezeigt? Fehler können nämlich auch zu Innovation führen! 1928 fuhr zum Beispiel ein britischer Bakteriologe in den Urlaub und vergaß dabei, einige seiner Kulturschalen mit Staphylokokken zu entsorgen. Als er wiederkam, fand er auf einigen Schalen Schimmelpilze – und keine Staphylokokken! Alexander Fleming hatte aus Versehen das Penicillin erfunden. In den 1950er Jahren erfand die US-Amerikanerin Bette Nesmith Graham eine Korrekturflüssigkeit, mit der Fehler auf Schreibmaschinenpapier einfach korrigiert werden konnten. Kurzum: Aus Fehlern lässt sich jede Menge lernen.
  4. Wissensaustausch und Weiterbildung: Damit alle von den Learnings profitieren können, sollten diese regelmäßig mit allen geteilt werden. Häufen sich Fehler oder lassen größere Missstände erkennen, sind Weiterbildungen zu entsprechenden Prozessen wichtig. Kommt es zum Beispiel zu einem Unfall am Arbeitsplatz, sollte nicht nur das Unfallrisiko gesenkt werden. Auch ein Erste-Hilfe-Kurs ist eine gute Idee.
  5. Vorbildfunktion: Erinnern Sie sich an die Finanzbranche in der EY-Studie eingangs, die zu 82 % schon Fehler unter den Teppich gekehrt hatte? Führungskräfte haben in ihrer Position eine besondere Verantwortung – und eine besondere Möglichkeit, zur positiven Fehlerkultur beizutragen, indem sie mit gutem Beispiel vorangehen, eigene Fehler eingestehen und zeigen, wie sie aus ihnen gelernt haben. Somit ermutigen sie ihre Mitarbeitenden zu Ehrlichkeit und leben einen respektvollen Umgang miteinander vor, auch wenn mal etwas schiefgeht.
  6. Gespräche auf Augenhöhe: Im respektvollen Vier-Augen-Gespräch entscheidet sich, ob tatsächlich eine positive Fehlerkultur gelebt wird. Denn wer den Mut fasst, einen Fehler einzugestehen, zeigt nicht Schwäche, sondern Stärke. Das sollte gerade am Anfang belohnt werden.

Communication is key: Souveräne Fehlergespräche führen und positive Fehlerkultur stärken

Regelmäßige Fehlergespräche sind Ihr wichtigstes Tool für eine positive Fehlerkultur. Hier können Sie beweisen, dass Ihr Unternehmen diese Kultur tatsächlich lebt und nicht nur herbeisehnt.

Sicher erinnern Sie sich ungern an Situationen, in denen man Sie für Fehler ausgeschimpft hat. Wir schämen uns für Fehler von selbst, daher ist zusätzliches "Zusammenstauchen" überflüssig und sollte konsequent aus Fehlergesprächen gestrichen werden. Das fällt aber nicht immer so leicht, denn auch Ärger über die Fehler anderer ist eine sehr menschliche Reaktion. Fehlergespräche regelmäßig zu üben, kann dabei helfen, sie zu verbessern und Ihren Einstieg in die positive Fehlerkultur im Unternehmen zu erleichtern. Doch mit wem am besten üben?

Souveräner werden im Fehlergespräch – mit VR positive Fehlerkultur stärken

Zum Beispiel mit der VR-Brille im virtuellen Raum mit dem Rhetorik-Training VR EasySpeech! Hier können Sie in geschützter Umgebung trainieren, Fehler- und andere schwierige und potentiell hochemotionale Gespräche professionell und gelassen anzugehen. Dabei schaut die Software kritisch hin, nicht aber neugierige Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzte. Mit VR EasySpeech können Sie Ihren Trainingsfortschritt in der Brille verfolgen und zum Beispiel Redegeschwindigkeit, Emotionalität, Relativierer, rhetorische Pausen und mehr messen. Fehler machen (und natürlich aus ihnen lernen) ist dabei ausdrücklich erlaubt!

Fehler können sehr kostspielig sein, aber gleichzeitig sind sie sehr wertvoll. Machen Sie den Umgang mit Fehlern deshalb nicht zum Tabu, sondern zum Thema und etablieren und fördern Sie eine positive Fehlerkultur im Unternehmen. Wir wünschen viele lehrreiche Fehler und aufschlussreiche Fehlergespräche!

Ist Virtual Reality Training etwas für Sie oder Ihr Unternehmen? Gerne beraten wir dabei, wie VR EasySpeech nach den eigenen Bedürfnissen eingesetzt werden kann – kostenlos und unverbindlich.

 

Brian Frank
Brian arbeitet seit 2017 als Online-Redakteur beim Verlag Dashöfer. Er studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus. Neben VR-Artikeln schreibt er Horrorromane und geht in seiner Freizeit gern auf Flohmärkte und Live-Rollenspiele.
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